Hochverehrter Herr Professor! 1

[four lines left blank]

Verzeihen Sie mein langes Schweigen. Ich habe mir auch Mühe gegeben, Subskribenten für das neue Werk 2 zu bekommen, doch leider vergeblich. In unsren Dörfern fühlen die Leute sehr wenig Bedürfnis, sich mit musikalischen Problemen auseinanderzusetzen, sondern denken, Ihre kostbare „Unmittelbarkeit“ zu verlieren, wenn sie wissen, worum Beethoven ein Meister war. Nun hoffe ich, der Sache dadurch einen Dienst zu erweisen, wenn ich auf 3 Exemplare subskribieren und diese dann möglichst vielen Leuten zeigen, die dann vielleicht doch abonnieren werden. Ich bitte Sie, mir meine schlechten Vorkämpferdienste „nach Westen“ 3 zu verzeihen, es ist halt nicht so leicht, den Menschen zu beweisen, daß es eine ganze tiefe Problematik in der Musik gibt (Und zu dem ist es auch sehr viel leichter, nach „eigener Auffassung“ zu spielen, als sich zu bemühen, den „Sinn des Werkes” aufzufassen.)

{2} Vielleicht interessiert es Sie, nach Erledigung des „geschäftlichen Teiles,“ einiges von mir zu erfahren. In meiner Stellung geht es mir soweit ganz gut, ich trachte danach, mir eine bessere (d.h. künstlerisch anfriedigerende) zu verschaffen, mit andern Worten, ich arbeite wie ein Unhold. Endlich hoffe ich, soweit zu sein, konsequent arbeiten zu können, ohne Rücksicht auf die Dauer. Morgens früh stehe ich auf und arbeite dann zirka 13 Stunden jeden Tag, fast ohne Pause, bis abends 10 Uhr, wo die hohe [illegible word] mir Ruhe befiehlt. 4

Im Frühjahr komme ich bestimmt zu Ihnen, wenn Sie mich brauchen können. Dieser Gedanke treibt mich an, die Freude verleiht der Energie den Schwung. Ich werde bis dahin Programme fertig haben, die ich brenne, bei Ihnen spielen und durcharbeiten zu dürfen. Erst Chopin, beide Sonaten, die 12 Etüden aus op 25 und Stücke. Dann Brahms : Händel- und Paganini-variationen, Sonate in f-moll, dann Beethoven , die 3 Letzten, Waldstein und f moll Sonate.

Ich hoffe Sie bei bestem Wohlsein und danke Ihnen herzlichst für Ihren Brief und besonders auch für die Liste. 5 Wie freue ich mich auf den „Tonwillen“ im neuen Gewand! 6

In aufrichtiger Ergebenheit verbleibe ich mit den herzlichsten Grüße auch an Ihre werte Frau Gemahlin


Ihr dankbarer
[signed:] Fritz Müller

St. Gallen, d. 21. IX. 24

© Transcription Ian Bent, 2022



Highly revered Professor, 1

[four lines left blank]

Forgive me my long silence. I have been at pains to acquire subscribers for the new publication, 2 but alas, in vain. In our villages people feel very little necessity to grapple with musical problems; they think they will lose their precious “immediacy” if they know why Beethoven was a master. Now I am hoping to perform a service to the cause by subscribing to three copies and then showing these to as many people as possible, who will then perhaps [themselves] subscribe. Please forgive me my feeble efforts to recruit campaigners “in the West.” 3 It is not so easy just to prove to people that there is a whole, deep problematic issue in music (people to whom it is actually very much easier to play according to “one’s own conception” than by taking the trouble to understand the “import of the work.”)

{2} Perhaps it might interest you, now that I have finished the “business part” [of this letter], to learn something about myself. Everything so far is going well in my job, I endeavor accordingly to provide a better (i.e. artistically more satisfactory) [product], in other words I work like a fiend. Ultimately I hope to be able to work consistently without regard to the time. I get up early in the morning and work for about thirteen hours each day, with almost no break, until 10 p.m., when the high [illegible word] dictates that I rest. 4

In the Spring I will definitely come to you if you can [?accommodate] me. This thought spurs me on, imparts momentum to my energy. By that time, I will have prepared programs that I am aching to be allowed to play to, and work through with, you. Firstly, of Chopin, both sonatas, the twelve Etudes Op. 25 and pieces, then Brahms, Handel [Variations] , Paganini Variations, and F minor Sonata, then Beethoven, the three last [sonatas], the “Waldstein” and F minor Sonata.

I hope you are in the best of health and thank you most cordially for your letter, especially for the list. 5 How I look forward to the Tonwille in new garb! 6

In sincere devotion, I remain, with most cordial greetings also to your esteemed wife,


Your grateful
[signed:] Fritz Müller

St. Gallen, September 21, 1924

© Translation Ian Bent, 2022



Hochverehrter Herr Professor! 1

[four lines left blank]

Verzeihen Sie mein langes Schweigen. Ich habe mir auch Mühe gegeben, Subskribenten für das neue Werk 2 zu bekommen, doch leider vergeblich. In unsren Dörfern fühlen die Leute sehr wenig Bedürfnis, sich mit musikalischen Problemen auseinanderzusetzen, sondern denken, Ihre kostbare „Unmittelbarkeit“ zu verlieren, wenn sie wissen, worum Beethoven ein Meister war. Nun hoffe ich, der Sache dadurch einen Dienst zu erweisen, wenn ich auf 3 Exemplare subskribieren und diese dann möglichst vielen Leuten zeigen, die dann vielleicht doch abonnieren werden. Ich bitte Sie, mir meine schlechten Vorkämpferdienste „nach Westen“ 3 zu verzeihen, es ist halt nicht so leicht, den Menschen zu beweisen, daß es eine ganze tiefe Problematik in der Musik gibt (Und zu dem ist es auch sehr viel leichter, nach „eigener Auffassung“ zu spielen, als sich zu bemühen, den „Sinn des Werkes” aufzufassen.)

{2} Vielleicht interessiert es Sie, nach Erledigung des „geschäftlichen Teiles,“ einiges von mir zu erfahren. In meiner Stellung geht es mir soweit ganz gut, ich trachte danach, mir eine bessere (d.h. künstlerisch anfriedigerende) zu verschaffen, mit andern Worten, ich arbeite wie ein Unhold. Endlich hoffe ich, soweit zu sein, konsequent arbeiten zu können, ohne Rücksicht auf die Dauer. Morgens früh stehe ich auf und arbeite dann zirka 13 Stunden jeden Tag, fast ohne Pause, bis abends 10 Uhr, wo die hohe [illegible word] mir Ruhe befiehlt. 4

Im Frühjahr komme ich bestimmt zu Ihnen, wenn Sie mich brauchen können. Dieser Gedanke treibt mich an, die Freude verleiht der Energie den Schwung. Ich werde bis dahin Programme fertig haben, die ich brenne, bei Ihnen spielen und durcharbeiten zu dürfen. Erst Chopin, beide Sonaten, die 12 Etüden aus op 25 und Stücke. Dann Brahms : Händel- und Paganini-variationen, Sonate in f-moll, dann Beethoven , die 3 Letzten, Waldstein und f moll Sonate.

Ich hoffe Sie bei bestem Wohlsein und danke Ihnen herzlichst für Ihren Brief und besonders auch für die Liste. 5 Wie freue ich mich auf den „Tonwillen“ im neuen Gewand! 6

In aufrichtiger Ergebenheit verbleibe ich mit den herzlichsten Grüße auch an Ihre werte Frau Gemahlin


Ihr dankbarer
[signed:] Fritz Müller

St. Gallen, d. 21. IX. 24

© Transcription Ian Bent, 2022



Highly revered Professor, 1

[four lines left blank]

Forgive me my long silence. I have been at pains to acquire subscribers for the new publication, 2 but alas, in vain. In our villages people feel very little necessity to grapple with musical problems; they think they will lose their precious “immediacy” if they know why Beethoven was a master. Now I am hoping to perform a service to the cause by subscribing to three copies and then showing these to as many people as possible, who will then perhaps [themselves] subscribe. Please forgive me my feeble efforts to recruit campaigners “in the West.” 3 It is not so easy just to prove to people that there is a whole, deep problematic issue in music (people to whom it is actually very much easier to play according to “one’s own conception” than by taking the trouble to understand the “import of the work.”)

{2} Perhaps it might interest you, now that I have finished the “business part” [of this letter], to learn something about myself. Everything so far is going well in my job, I endeavor accordingly to provide a better (i.e. artistically more satisfactory) [product], in other words I work like a fiend. Ultimately I hope to be able to work consistently without regard to the time. I get up early in the morning and work for about thirteen hours each day, with almost no break, until 10 p.m., when the high [illegible word] dictates that I rest. 4

In the Spring I will definitely come to you if you can [?accommodate] me. This thought spurs me on, imparts momentum to my energy. By that time, I will have prepared programs that I am aching to be allowed to play to, and work through with, you. Firstly, of Chopin, both sonatas, the twelve Etudes Op. 25 and pieces, then Brahms, Handel [Variations] , Paganini Variations, and F minor Sonata, then Beethoven, the three last [sonatas], the “Waldstein” and F minor Sonata.

I hope you are in the best of health and thank you most cordially for your letter, especially for the list. 5 How I look forward to the Tonwille in new garb! 6

In sincere devotion, I remain, with most cordial greetings also to your esteemed wife,


Your grateful
[signed:] Fritz Müller

St. Gallen, September 21, 1924

© Translation Ian Bent, 2022

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker’s diary for September 23, 1924: “Von Fritz Müller (K.): Schwierigkeit, den Tonwille den Musikern beizubringen; bestelle 3 Exemplare für sich, um sie nach Gutdünken zu verbreiten; komme bestimmt im Frühling, um ein gegebenes Programm durchzuarbeiten.” (“From Fritz Müller (postcard): difficulty teaching Der Tonwille to the musicians; orders three copies for himself to distribute as he sees fit; will definitely come in the spring to work through a set program.”).

2 Müller is referring to Das Meisterwerk in der Musik (Munich: Drei-Masken Verlag, 1925, 1926, 1930), the successor to Der Tonwille, the title of which was not determined until January 1925

3 “nach Westen”: In the lead article of the first issue of Der Tonwille, Schenker vented his animosity toward the Romance and Anglo-Saxon nations of the west, with their civilisation and democracy, in uncomfortably virulent form. Müller perhaps sees himself as recruiting “pioneers” (Vorkämpfer) to fight for the Schenker cause in these benighted lands (he himself was in Switzerland, not mentioned by Schenker), which he places in quotation-marks.

4 Müller writes continuously at this point, without paragraph-break.

5 Schenker’s letter is not known to survive, nor does it appear to have been summarized in his diary. Schenker’s diary gives no clue as to the nature of the list (though it could have been a list of known subscribers to Der Tonwille).

6 See footnote 2, above.