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OJ 15/16, [99] - Handwritten letter from Hans Weisse to Jeanette Schenker, dated July 14, 1935
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{recto} ⇧ S. S. Europa [An:] Frau Dr. Heinrich Schenker Keilgasse 8 Wien III. ⇧ Hofgastein Curhaus Loebel ⇧ Austria ⇧ bitte nachsenden! ⇧ Antwort um 10. VIII. 35 [postmark:] || ROCKLAND | JUL 14 730 PM 1935 | MAINE || {verso} [Absender:] ⇧ Dr Hans Weisse, Tenants Harbor, Maine, U.S.A. [postmark:] || 3 WIEN 40 | 25.VII.35.16 | *5a* || [Letter: ] 14. Juli 35. Liebe Frau Lie-Lie! ich komme erst heute dazu, Ihren lieben Brief vom 9. Juni 1 zu bestätigen und Ihnen für die Übersendung des freien Satzes herzlich zu danken. Wir hatten hier mit Moni’s Ohr noch weiter so viele Aufregungen, (sie wurde hier schon wieder zweimal operiert und ist erst gestern abends aus dem Spital entlassen worden, hoffentlich nun endlich auf dem Wege zu vollständiger Gesundung) dass ich zu gar nichts kommen konnte. Den freien Satz habe ich nun bereits einmal durchgelesen, werde aber nun erst beginnen, ihn richtig durchzuarbeiten. Ich möchte mich fürs erste jeder weiteren Äusserung über das Werk enthalten. Die Anlage ist grossartig, die Fülle darin enorm, wenn einem dann beim ersten Lesen vieles unklar, wirr und so manche Widersprüche und allerhand fraglich vorkommt, so mag es doch wohl eher des Lesers als des Autors Schuld sein. Grade deshalb eben möchte ich noch jetzt mich dazu gerne schweigsam verhalten. Ich habe die Absicht, Ihnen wenn ich nach gründlichsten Durcharbeitung des Materials soweit bin, eine genaue Darstellung meiner Eindrücke und ein {2} genaues Verzeichnis von Fehlern, deren mir allerdings schon eine Menge untergekommen ist, zu schicken. Hier will ich nur noch bemerken, dass mich nebst dem erschütternden Eindruck, den das ganze Werk hinterlässt, das Ende des Vorwärts mehr als befremdet hat, demnach es den Anschein hat, als sei das Erscheinen des Buches lediglich Hoboken zu danken und Herrn Khuners 2 auch mit keiner Silbe Erwähnung getan ist. Ich gestehe, dass mich das sehr schmerzlich berührte. 3 Ich bin sehr neugierig zu erfahren, wie die Entscheidung des Saturn Verlages bezüglich der zu erscheinenden Aphorismensammlung ausgefallen ist. 4 Ihre Absicht, des Meisters Noten und Bücher dem Archiv zu überlassen scheint mir richtig und begrüssenswert. Für die Photographie danke ich Ihnen von Herzen, ich finde sie sehr schön und sie ist mir als Aufnahme lieber als die, die ich unmittelbar nach Erhalt Ihres Briefes von Hoboken zugeschickt bekam. Ihre Absicht meinen Schülern, die sich an der Sammlung beteiligten je eine zu geben ist rührend und wird sicher bei jedem die grösste Freude auslösen. Wenn Sie Ihre Absicht verwirklichen wollen, danke ich Ihnen hiefür schon im Vornherein und bitte Sie, die Bilder so abzuschicken, dass sie Anfang Oktober in meiner New Yorker Wohnung (1 W 64th) einlangen. {3} Mit der Übersendung der Photographien von Totenmaske und Hand, werden Sie nur die grösste Freude bereiten. 5 Über meine eigene Arbeit kann ich leider gegenwärtig gar nichts berichten, denn die vielen Sorgen um Kind 6 und Zukunft haben mich bis zur Stunde zu sehr in Anspruch genommen. Wie sehr auch Hertha zu leiden hatte, können Sie sich ja denken. Das Kind war im Laufe von 4 Monaten, vier mal im Spital! – und hat drei Operationen mit Narkosen hinter sich. Ich bin nicht sicher, ob Sie noch in Hofgastein sind und sende diese Zeilen lieber an Ihre Wiener Adresse, in der Hoffnung, dass sie Ihnen sofort nachgesendet werden. Mit den allerherzlichsten Grüssen auch von Hertha und mit der Versicherung unserer weiteren Anteilnahme an allem was Sie betrifft und freundschaftlichstem Gedenken bin in bleibe ich © Transcription William Drabkin, 2008 |
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{recto} ⇧ S. S. Europa [To:] Mrs. Heinrich Schenker Keilgasse 8 Vienna III ⇧ Hofgastein Spa House Loebel ⇧ Austria ⇧ Please forward ⇧ Answer on August 10, 1935 [postmark:] || ROCKLAND | JUL 14 730 PM 1935 | MAINE || {verso} [From:] ⇧ Dr. Hans Weisse, Tenants Harbor, Maine, U.S.A. [postmark:] || 3 VIENNA 40 | 25.VII.35.16 | *5a* || [Letter: ] July 14, 1935 Dear Mrs. Lie-Lie, It is only today that I affirm the receipt of your lovely letter of June 9, 1 and thank you cordially for sending Free Composition . We had so much more anxiety here concerning Moni's ear (she was operated on here twice, and was released from the hospital only yesterday evening, finally ‒ we hope ‒ on the way to complete recovery), that I was unable to do anything. I have already read through Free Composition , but will now only begin to work through it properly. For now, I should like to refrain from making any further comments about the work. Its conception is magnificent, the fullness therein is enormous; and if on first reading there is much that appears unclear or confusing to the reader, or contradictory or questionable in any way, then the problem is more likely to lie with the reader than with the author. Precisely because of this, I would like to keep silent for now. When I have succeeded in working through the material thoroughly, I will send you a precise account of my impressions and a {2} detailed list of mistakes, of which I have already encountered a large number. The only thing that I would add here, apart from noting the awesome impression made by the work as a whole, is that the end of the foreword is more than a little alienating, in that it gives the illusion that the publication of the book was due entirely to Hoboken; and Mr. Khuner 2 does not get so much as a syllable's worth of thanks. I must admit that this touched me most painfully. 3 I am very curious to learn what the Saturn Verlag has decided with regard to the collection of aphorisms, which they were thinking of publishing. 4 Your idea of leaving the master's scores and books to the Archive seems to me to be right and laudable. For the photograph I thank you from my heart; I find it very beautiful and I like it better as a portrait than the one which I received from Hoboken immediately after receiving your letter. Your intention, to give each of my pupils who contributed to the collection a copy of it, is touching and will certainly bring the greatest joy to each of them. If you wish to fulfill your intention, I thank you for this in advance and I ask you to send the pictures at such a time that they will arrive at my address in New York (1 West 64th [Street]) at the beginning of October. {3} In sending me the photographs of the Schenker's death-mask and hand, you will give me only the greatest joy. 5 Regarding my own work, I can, unfortunately, report absolutely nothing at present, then my many concerns about my child 6 and my future have occupied me until this moment. How much Hertha has had to suffer is something that you can easily imagine. The child was in the hospital four times in the space of four months! And she has gone through three operations under an anaesthetic. I am not sure whether you are still in Hofgastein, and so I am sending you these lines to your Vienna address instead, in the hope that they will be forwarded to you immediately. With my most cordial wishes, also from Hertha, and with the assurance of our continued interest in all that concerns you, and with our most amicable thoughts, I remain © Translation William Drabkin, 2008 |
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{recto} ⇧ S. S. Europa [An:] Frau Dr. Heinrich Schenker Keilgasse 8 Wien III. ⇧ Hofgastein Curhaus Loebel ⇧ Austria ⇧ bitte nachsenden! ⇧ Antwort um 10. VIII. 35 [postmark:] || ROCKLAND | JUL 14 730 PM 1935 | MAINE || {verso} [Absender:] ⇧ Dr Hans Weisse, Tenants Harbor, Maine, U.S.A. [postmark:] || 3 WIEN 40 | 25.VII.35.16 | *5a* || [Letter: ] 14. Juli 35. Liebe Frau Lie-Lie! ich komme erst heute dazu, Ihren lieben Brief vom 9. Juni 1 zu bestätigen und Ihnen für die Übersendung des freien Satzes herzlich zu danken. Wir hatten hier mit Moni’s Ohr noch weiter so viele Aufregungen, (sie wurde hier schon wieder zweimal operiert und ist erst gestern abends aus dem Spital entlassen worden, hoffentlich nun endlich auf dem Wege zu vollständiger Gesundung) dass ich zu gar nichts kommen konnte. Den freien Satz habe ich nun bereits einmal durchgelesen, werde aber nun erst beginnen, ihn richtig durchzuarbeiten. Ich möchte mich fürs erste jeder weiteren Äusserung über das Werk enthalten. Die Anlage ist grossartig, die Fülle darin enorm, wenn einem dann beim ersten Lesen vieles unklar, wirr und so manche Widersprüche und allerhand fraglich vorkommt, so mag es doch wohl eher des Lesers als des Autors Schuld sein. Grade deshalb eben möchte ich noch jetzt mich dazu gerne schweigsam verhalten. Ich habe die Absicht, Ihnen wenn ich nach gründlichsten Durcharbeitung des Materials soweit bin, eine genaue Darstellung meiner Eindrücke und ein {2} genaues Verzeichnis von Fehlern, deren mir allerdings schon eine Menge untergekommen ist, zu schicken. Hier will ich nur noch bemerken, dass mich nebst dem erschütternden Eindruck, den das ganze Werk hinterlässt, das Ende des Vorwärts mehr als befremdet hat, demnach es den Anschein hat, als sei das Erscheinen des Buches lediglich Hoboken zu danken und Herrn Khuners 2 auch mit keiner Silbe Erwähnung getan ist. Ich gestehe, dass mich das sehr schmerzlich berührte. 3 Ich bin sehr neugierig zu erfahren, wie die Entscheidung des Saturn Verlages bezüglich der zu erscheinenden Aphorismensammlung ausgefallen ist. 4 Ihre Absicht, des Meisters Noten und Bücher dem Archiv zu überlassen scheint mir richtig und begrüssenswert. Für die Photographie danke ich Ihnen von Herzen, ich finde sie sehr schön und sie ist mir als Aufnahme lieber als die, die ich unmittelbar nach Erhalt Ihres Briefes von Hoboken zugeschickt bekam. Ihre Absicht meinen Schülern, die sich an der Sammlung beteiligten je eine zu geben ist rührend und wird sicher bei jedem die grösste Freude auslösen. Wenn Sie Ihre Absicht verwirklichen wollen, danke ich Ihnen hiefür schon im Vornherein und bitte Sie, die Bilder so abzuschicken, dass sie Anfang Oktober in meiner New Yorker Wohnung (1 W 64th) einlangen. {3} Mit der Übersendung der Photographien von Totenmaske und Hand, werden Sie nur die grösste Freude bereiten. 5 Über meine eigene Arbeit kann ich leider gegenwärtig gar nichts berichten, denn die vielen Sorgen um Kind 6 und Zukunft haben mich bis zur Stunde zu sehr in Anspruch genommen. Wie sehr auch Hertha zu leiden hatte, können Sie sich ja denken. Das Kind war im Laufe von 4 Monaten, vier mal im Spital! – und hat drei Operationen mit Narkosen hinter sich. Ich bin nicht sicher, ob Sie noch in Hofgastein sind und sende diese Zeilen lieber an Ihre Wiener Adresse, in der Hoffnung, dass sie Ihnen sofort nachgesendet werden. Mit den allerherzlichsten Grüssen auch von Hertha und mit der Versicherung unserer weiteren Anteilnahme an allem was Sie betrifft und freundschaftlichstem Gedenken bin in bleibe ich © Transcription William Drabkin, 2008 |
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{recto} ⇧ S. S. Europa [To:] Mrs. Heinrich Schenker Keilgasse 8 Vienna III ⇧ Hofgastein Spa House Loebel ⇧ Austria ⇧ Please forward ⇧ Answer on August 10, 1935 [postmark:] || ROCKLAND | JUL 14 730 PM 1935 | MAINE || {verso} [From:] ⇧ Dr. Hans Weisse, Tenants Harbor, Maine, U.S.A. [postmark:] || 3 VIENNA 40 | 25.VII.35.16 | *5a* || [Letter: ] July 14, 1935 Dear Mrs. Lie-Lie, It is only today that I affirm the receipt of your lovely letter of June 9, 1 and thank you cordially for sending Free Composition . We had so much more anxiety here concerning Moni's ear (she was operated on here twice, and was released from the hospital only yesterday evening, finally ‒ we hope ‒ on the way to complete recovery), that I was unable to do anything. I have already read through Free Composition , but will now only begin to work through it properly. For now, I should like to refrain from making any further comments about the work. Its conception is magnificent, the fullness therein is enormous; and if on first reading there is much that appears unclear or confusing to the reader, or contradictory or questionable in any way, then the problem is more likely to lie with the reader than with the author. Precisely because of this, I would like to keep silent for now. When I have succeeded in working through the material thoroughly, I will send you a precise account of my impressions and a {2} detailed list of mistakes, of which I have already encountered a large number. The only thing that I would add here, apart from noting the awesome impression made by the work as a whole, is that the end of the foreword is more than a little alienating, in that it gives the illusion that the publication of the book was due entirely to Hoboken; and Mr. Khuner 2 does not get so much as a syllable's worth of thanks. I must admit that this touched me most painfully. 3 I am very curious to learn what the Saturn Verlag has decided with regard to the collection of aphorisms, which they were thinking of publishing. 4 Your idea of leaving the master's scores and books to the Archive seems to me to be right and laudable. For the photograph I thank you from my heart; I find it very beautiful and I like it better as a portrait than the one which I received from Hoboken immediately after receiving your letter. Your intention, to give each of my pupils who contributed to the collection a copy of it, is touching and will certainly bring the greatest joy to each of them. If you wish to fulfill your intention, I thank you for this in advance and I ask you to send the pictures at such a time that they will arrive at my address in New York (1 West 64th [Street]) at the beginning of October. {3} In sending me the photographs of the Schenker's death-mask and hand, you will give me only the greatest joy. 5 Regarding my own work, I can, unfortunately, report absolutely nothing at present, then my many concerns about my child 6 and my future have occupied me until this moment. How much Hertha has had to suffer is something that you can easily imagine. The child was in the hospital four times in the space of four months! And she has gone through three operations under an anaesthetic. I am not sure whether you are still in Hofgastein, and so I am sending you these lines to your Vienna address instead, in the hope that they will be forwarded to you immediately. With my most cordial wishes, also from Hertha, and with the assurance of our continued interest in all that concerns you, and with our most amicable thoughts, I remain © Translation William Drabkin, 2008 |
Footnotes1 This date is confirmed by Jeanette's annotation of the envelope to OJ 15/16, [98]. The letter is not known to survive, but some of its contents may be surmised from Weisse's own responses. 2 The tone of the sentence suggests that Weisse knew the Khuner family and may have been instrumental in securing a large subvention from Khuner in 1931 toward the publication of Der freie Satz. That same year Weisse was successful in obtaining another large sum, from Wilhelm Furtwängler, to defray the costs of publishing the analysis of Beethoven's "Eroica" Symphony in Das Meisterwerk in der Musik III. 3 More extended critiques of Der freie Satz appear in Weisse's next two letters to Jeanette, OJ 15/16, [100] and OJ 15/16, [101]. 4 There seems to have been a plan for a book of Schenker's aphorisms, to be brought out by the Saturn Verlag in Vienna, the publishers of Oswald Jonas's Das Wesen des musikalischen Kunstwerks (1934) and Felix Salzer's Sinn und Wesen der abendländischen Mehrstimmigkeit (1935). In the end, some of Schenker's aphorisms were published in the short-lived journal Der Dreiklang (1937–39), edited by Jonas and Salzer. 5 Prints of two photographs of Schenker's death mask are preserved as OJ 72/14, items 15 and 16, and a print of the photograph of the cast of his left hand as OJ 72/14, item 17. For portraits of Schenker, see OJ 72/14, items 1‒14. 6 In OJ 15/16, [98], Weisse reports that Monika had already undergone two operations on account of an inflammation of the inner ear. |