[envelope]

{recto}
Herrn Ferruccio Busoni,
Komponist,
Berlin W.
Tauenzienstr. 10

[postmark:] || a [illeg] | 18. [illeg] | 6-7 N ||

{verso}
Schenker

[postmark:] || Bestellt | vom | Postamte [50] | 19. 5. [illeg] | 1¾–2½ N. ||

[letter]

18. V. 1897

Hochverehrter Herr! 1

Als ich von Ihnen, entzückt über Ihre liebenswürdige Aufname u. glücklich über Ihre gesprochenes u. geschriebenes Lob meiner Sachen, wegging, begab ich mich zu Meister Goldmark. Ich übergab ihm Ihren Brief u. sagte ihm, Sie wären für Peters . Der gute alte Meister schrieb mir sofort eine glänzende, wirklich glänzende Empfehlung an Peters , dessen Verlag er allerdings wohl kannte. Ich schrieb überdies an Peters einen Brief, worin ich ihm Ihr schmeichelhaftes Lob über meine Scherzi u. insbesondere Variationen, 2 gleichsam {2} privat, mittheilte. Denken Sie, sofort traf ein Brief von ihm ein, aus dem ich entnahm, dass er solches seriöses Zeug nicht gern nimmt. Die Variationen verlangte er nicht einmal zur Aussicht, wohl aber die Legende, Scherzi u. die 5 Kl. Stücke, die Ihnen so sehr gefallen haben. 3 Ich merkte auch, dass er die Dinge nur aus Courtoisie gegen Goldmark zur Aussicht verlange, ohne die Empfehlung sich sonderlich zu Herzen zu nehmen. Nach ein paar Tagen war meine Verlagswerbung zu Ende: Peters bedauerte. Mir selbst ist eigentlich nur die Thatsache peinlich, dass die Empfehlung des alten Meisters an mir zu Schanden werden musste. Ich theilte davon Goldmark nichts mit. Im Uebrigen glaube ich, Peters gäbe sich wirklich {3} mit so ganz seriösen Dingen nicht ab.

Mitten in meiner Deprimirtheit kam zufällig ein herzlicher, sehr herzlicher Brief von D'Albert, 4 der aus Heidelberg mir mittheilt, dass er den kommenden Winter ganz bestimmt von mir etwas spielt. Er lud mich nach Mannheim ein, wo wir Vieles besprechen könnten. Vielleicht erscheine ich dort mit meinem Freund Rosé , der Quartett (natürlich mit noch anderen 3en) spielt. Auch Sie treffe ich doch? Wie würde ich mich darüber freuen? Sie thaten mir sehr, sehr wohl, nicht, weil Sie lobten, sondern durch die Art, wie Sie lobten.

Nun, wie Sie sehen, bin ich in der Lage, erst die Manuscripte von mir, die Sie am liebsten sehen haben mochten, zu senden. Es wäre besser, wenn ich die Sachen gedruckt Ihnen schicken könnte! Aber was thun? Wissen Sie einen {4} Verleger, wollten Sie mich an ihm empfehlen? Etwa Kistner, Reiter-Biedermann, Aibl, Simrock? Was denken Sie darüber? Oder vielleicht soll ich mit einer Empfehlung von Ihnen auf der Reise bei einigen Verlegern hausiren gehen? Goldmark freute sich sehr darüber, dass Sie so herzlich versprachen, mir zu helfen, u. Etwas von mir zu spielen. Wenn Sie es thun, so ist es mir sicher geholfen! Verzeihen Sie die lange Epistel, aber es war, da ich Goldmark nicht mehr angehen wollte, nothwendig Ihnen Alles zu sagen, die Sie so herzlich zu mir waren.

Haben Sie vielleicht zufällig meinen Aufzsaz über Brahms in Harden's Zukunft No 32 gelesen? 5 In Bezug auf das Tempo im Brahms' Conzert erlaubte ich mir, Herrn Weingartner in der Wiener „ Neuen Revue “ zu belasten. 6

Er ist ja recht? Mit besten Grüssen an Sie u. ergebenen Handkuss an Ihre hochg. Frau Gemahlin


zeichne Ihr
[signed:] Dr. Heinrich Schenker

© Transcription Ian Bent, 2013, 2022


[envelope]

{recto}
Mr. Ferruccio Busoni,
Composer
Berlin W.
Tauenzienstrasse 10

[postmark:] || a [illeg] | 18. [illeg] | 6-7 p.m. ||

{verso}
Schenker

[postmark:] || Delivered | from | Post Office [50] | 19. 5. [illeg] | 1.45–2.30 p.m. ||

[letter]

May 18, 1897

Highly revered Sir, 1

As I left you, delighted by your kind reception and happy about your spoken and written praise for the items of mine, I took myself off to see master Goldmark. I gave him your letter and told him you were in favor of Peters. The good old master promptly wrote me a glowing, a really glowing recommendation to Peters, with whose publishing house he was certainly well acquainted. On the strength of that, I wrote Peters a letter in which I informed him, so to speak {2} in private, of your flattering praise for my Scherzi and in particular Variations. 2 Just imagine, a letter came straight way from him, from which I gathered that he prefers not to take on such serious stuff. He never once asked to see the Variations, but he did the Legends, Scherzi and the Five Piano Pieces that pleased you so much. 3 I also noticed that he asked to see these items only out of courtesy toward Goldmark, without taking the latter's recommendation particularly to heart. After a couple of days my recruitment by the publisher was at an end: Peters regretted .... For myself, the only thing that is painful is the fact that the old master's recommendation had to come to nought for me. I told Goldmark none of this. For the rest, I believe that Peters would not really concern itself {3} with such serious items.

In the midst of my dejection, there came by chance a heart-warming, truly heart-warming letter from d'Albert, 4 who informed me from Heidelberg that during the forthcoming winter he would definitely play something of mine. He invited me to Mannheim where we could discuss many things. Perhaps I will appear there with my friend Rosé, who plays quartet (needless to say, with three others). Will I meet you there, too? How that would please me! You did me a power of good, not because you praised [my works], but by the manner in which you praised [them].

Now, as you can see, I am in a position to send the manuscripts of mine that you would most like to see have . It would be better if I could send you the items printed! But what am I to do? Do you know a {4} publisher? Would you care to recommend me to him? Perhaps Kistner, or Reiter-Biedermann, Aibl, or Simrock? What do you think of that? Or should I perhaps, armed with a recommendation from you, set off and hawk myself around some publishers? Goldmark was very pleased to hear that you had firmly promised to help me, and to play something of mine. If you do this, it will surely be a big help! Please forgive this long epistle, but since I no longer felt able to turn to Goldmark it was necessary for me to say all of this to you ‒ you who were so cordial toward me.

Have you by any remote chance read my article about Brahms in Harden's Die Zukunft No. 32? 5 On the matter of tempo in the Brahms concerto, I took the liberty of taking Mr. Weingartner to task in the Vienna Neue Revue . 6

Is it fair, do you think? With best wishes to you, and I kiss the hand of your esteemed wife,


I remain your
[signed:] Dr. Heinrich Schenker

© Translation Ian Bent, 2013, 2022


[envelope]

{recto}
Herrn Ferruccio Busoni,
Komponist,
Berlin W.
Tauenzienstr. 10

[postmark:] || a [illeg] | 18. [illeg] | 6-7 N ||

{verso}
Schenker

[postmark:] || Bestellt | vom | Postamte [50] | 19. 5. [illeg] | 1¾–2½ N. ||

[letter]

18. V. 1897

Hochverehrter Herr! 1

Als ich von Ihnen, entzückt über Ihre liebenswürdige Aufname u. glücklich über Ihre gesprochenes u. geschriebenes Lob meiner Sachen, wegging, begab ich mich zu Meister Goldmark. Ich übergab ihm Ihren Brief u. sagte ihm, Sie wären für Peters . Der gute alte Meister schrieb mir sofort eine glänzende, wirklich glänzende Empfehlung an Peters , dessen Verlag er allerdings wohl kannte. Ich schrieb überdies an Peters einen Brief, worin ich ihm Ihr schmeichelhaftes Lob über meine Scherzi u. insbesondere Variationen, 2 gleichsam {2} privat, mittheilte. Denken Sie, sofort traf ein Brief von ihm ein, aus dem ich entnahm, dass er solches seriöses Zeug nicht gern nimmt. Die Variationen verlangte er nicht einmal zur Aussicht, wohl aber die Legende, Scherzi u. die 5 Kl. Stücke, die Ihnen so sehr gefallen haben. 3 Ich merkte auch, dass er die Dinge nur aus Courtoisie gegen Goldmark zur Aussicht verlange, ohne die Empfehlung sich sonderlich zu Herzen zu nehmen. Nach ein paar Tagen war meine Verlagswerbung zu Ende: Peters bedauerte. Mir selbst ist eigentlich nur die Thatsache peinlich, dass die Empfehlung des alten Meisters an mir zu Schanden werden musste. Ich theilte davon Goldmark nichts mit. Im Uebrigen glaube ich, Peters gäbe sich wirklich {3} mit so ganz seriösen Dingen nicht ab.

Mitten in meiner Deprimirtheit kam zufällig ein herzlicher, sehr herzlicher Brief von D'Albert, 4 der aus Heidelberg mir mittheilt, dass er den kommenden Winter ganz bestimmt von mir etwas spielt. Er lud mich nach Mannheim ein, wo wir Vieles besprechen könnten. Vielleicht erscheine ich dort mit meinem Freund Rosé , der Quartett (natürlich mit noch anderen 3en) spielt. Auch Sie treffe ich doch? Wie würde ich mich darüber freuen? Sie thaten mir sehr, sehr wohl, nicht, weil Sie lobten, sondern durch die Art, wie Sie lobten.

Nun, wie Sie sehen, bin ich in der Lage, erst die Manuscripte von mir, die Sie am liebsten sehen haben mochten, zu senden. Es wäre besser, wenn ich die Sachen gedruckt Ihnen schicken könnte! Aber was thun? Wissen Sie einen {4} Verleger, wollten Sie mich an ihm empfehlen? Etwa Kistner, Reiter-Biedermann, Aibl, Simrock? Was denken Sie darüber? Oder vielleicht soll ich mit einer Empfehlung von Ihnen auf der Reise bei einigen Verlegern hausiren gehen? Goldmark freute sich sehr darüber, dass Sie so herzlich versprachen, mir zu helfen, u. Etwas von mir zu spielen. Wenn Sie es thun, so ist es mir sicher geholfen! Verzeihen Sie die lange Epistel, aber es war, da ich Goldmark nicht mehr angehen wollte, nothwendig Ihnen Alles zu sagen, die Sie so herzlich zu mir waren.

Haben Sie vielleicht zufällig meinen Aufzsaz über Brahms in Harden's Zukunft No 32 gelesen? 5 In Bezug auf das Tempo im Brahms' Conzert erlaubte ich mir, Herrn Weingartner in der Wiener „ Neuen Revue “ zu belasten. 6

Er ist ja recht? Mit besten Grüssen an Sie u. ergebenen Handkuss an Ihre hochg. Frau Gemahlin


zeichne Ihr
[signed:] Dr. Heinrich Schenker

© Transcription Ian Bent, 2013, 2022


[envelope]

{recto}
Mr. Ferruccio Busoni,
Composer
Berlin W.
Tauenzienstrasse 10

[postmark:] || a [illeg] | 18. [illeg] | 6-7 p.m. ||

{verso}
Schenker

[postmark:] || Delivered | from | Post Office [50] | 19. 5. [illeg] | 1.45–2.30 p.m. ||

[letter]

May 18, 1897

Highly revered Sir, 1

As I left you, delighted by your kind reception and happy about your spoken and written praise for the items of mine, I took myself off to see master Goldmark. I gave him your letter and told him you were in favor of Peters. The good old master promptly wrote me a glowing, a really glowing recommendation to Peters, with whose publishing house he was certainly well acquainted. On the strength of that, I wrote Peters a letter in which I informed him, so to speak {2} in private, of your flattering praise for my Scherzi and in particular Variations. 2 Just imagine, a letter came straight way from him, from which I gathered that he prefers not to take on such serious stuff. He never once asked to see the Variations, but he did the Legends, Scherzi and the Five Piano Pieces that pleased you so much. 3 I also noticed that he asked to see these items only out of courtesy toward Goldmark, without taking the latter's recommendation particularly to heart. After a couple of days my recruitment by the publisher was at an end: Peters regretted .... For myself, the only thing that is painful is the fact that the old master's recommendation had to come to nought for me. I told Goldmark none of this. For the rest, I believe that Peters would not really concern itself {3} with such serious items.

In the midst of my dejection, there came by chance a heart-warming, truly heart-warming letter from d'Albert, 4 who informed me from Heidelberg that during the forthcoming winter he would definitely play something of mine. He invited me to Mannheim where we could discuss many things. Perhaps I will appear there with my friend Rosé, who plays quartet (needless to say, with three others). Will I meet you there, too? How that would please me! You did me a power of good, not because you praised [my works], but by the manner in which you praised [them].

Now, as you can see, I am in a position to send the manuscripts of mine that you would most like to see have . It would be better if I could send you the items printed! But what am I to do? Do you know a {4} publisher? Would you care to recommend me to him? Perhaps Kistner, or Reiter-Biedermann, Aibl, or Simrock? What do you think of that? Or should I perhaps, armed with a recommendation from you, set off and hawk myself around some publishers? Goldmark was very pleased to hear that you had firmly promised to help me, and to play something of mine. If you do this, it will surely be a big help! Please forgive this long epistle, but since I no longer felt able to turn to Goldmark it was necessary for me to say all of this to you ‒ you who were so cordial toward me.

Have you by any remote chance read my article about Brahms in Harden's Die Zukunft No. 32? 5 On the matter of tempo in the Brahms concerto, I took the liberty of taking Mr. Weingartner to task in the Vienna Neue Revue . 6

Is it fair, do you think? With best wishes to you, and I kiss the hand of your esteemed wife,


I remain your
[signed:] Dr. Heinrich Schenker

© Translation Ian Bent, 2013, 2022

Footnotes

1 This letter is published in full in translation in Ian Bent, David Bretherton, and William Drabkin, eds., Heinrich Schenker: Selected Correspondence (Woodbridge: The Boydell Press, 2014), pp. 9–10.

2 In a letter to Moriz Violin of April 2, 1897 (OJ 6/3, [2]), Schenker speaks of a “Scherzo in C.” The Scherzo in C and “Variariations” were, at Busoni’s suggestion (see OJ 9/27, [2], c. May 20, 1897), incorporated, together with his “Legend,” to form what became his Fantasie, Op. 2 (Breitkopf & Härtel, 1898), released in January 1898; Schenker’s diary for February 7, 1897, records: “D’Albert spielt die Variationen meiner Fantasie à vista …” (“D’Albert plays the variations of my Fantasy from sight …”). For a catalog of Schenker’s compositions, see Benjamin McKay Ayotte, ed, Heinrich Schenker: a Guide to Research (New York: Routledge, 2004), pp. 5–39.

3 “Legend” was, at Busoni’s suggestion (see OJ 9/27, [2], c. May 20, 1897), combined with “Variations” and the C major Scherzo to form Schenker’s Fantasie, Op. 2 (Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1898), released in January 1898; his Fünf Klavierstücke, Op. 4 (Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1898), were released in January 1898. Peters did not undertake to publish any of Schenker’s compositions.

4 = OJ 9/6, [18], May 8, 1897.

5 Heinrich Schenker, "Johannes Brahms," Die Zukunft , xix (May 8, 1897), 261‒65; Federhofer (1990), pp. 230‒36.

6 Heinrich Schenker, "Die Berliner 'Philharmoniker'," Neue Revue, viii/16 (April 16, 1897), 495‒97; Federhofer (1990), pp. 222‒24.