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WSLB 298 - Handwritten letter from Schenker to Hertzka (UE), dated April 17, 1918
Mit 1 bestem Dank stelle ich anbei den possierlichen Franzosen 2 zurück. Daß er dort, wo ich außer paar Zeilen Vorworts u. einer Fußnote 3 eine umfangreiche Darstellung des Inhaltes biete, sich nur gerade mit jenen paar Zeilen beschäftigt, kann auch in Deutschland vorkommen u. kommt auch vor. Daß er aber an manchen Stellen mein Original u. seine Ǘbersetzung anführt, damit nur die Leser an seiner Ehrlichkeit nicht zweifeln, u. doch an einer recht wichtigen Stelle „schallende Ohrfeige“ in „ un soufflet légitimement appliqué “ 4 umfälscht, ist spezifisch französisch u. bestätigt, was ich schrieb, im kleinen nicht minder, wie die soeben enthüllte grobe, plumpe Fälschung des Kaiserbriefes 5 (auf dem Wege von Sixtus zum Poincaré ) im Großen. Ja, die Herren Franzosen sind Spezialisten in „Freiheiten,“ nur sehe man: welche, - in der „Freiheit“ auf der Fälschung, der Eroberungen des Rheins einer unmenschlichen Gefangenenbehandlung u. lauter solchen 6 anderen Freiheiten mehr. Zur Frage der Ausgaben ein Wort: Sie irren sich, wenn Sie glauben, daß Beeth. so unphrasiert auf die Welt gekommen ist, wie z.B. Bach S. Seine eigene Phrasierung ist so genau, ja so übergenau, daß sie seit den ersten Tagen bis auf die heutigen noch allen Sologeigern, Quartett-, {2} Orchester-, Operngesellschaften ( Fidelio , Messen etc) ausgereicht u. Allen Köpfe u. Hände voll zu schaffen gemacht hat! Liegt es nicht also auf der Hand, daß die paar Bearbeiter 7 aus Eitelkeit u. Frechheit sich putzig machen mit ihren „Phrisierungen,“ 8 die das volle Gegenteil von Beeth'schen Phrasierungen sind? Die Verleger baten zuerst um Fingersätze - das ist verständlich -, der Bearbeiter gab dann noch als [?Zuwege], eine nicht einmal erbetene, auch seine Phrasierung! Diese niederträchtige Protzerei ließ natürlich den zweiten, dritten Bearbeiter nicht ruhen, u. so phrisieren sie um die Wette, während, wie gesagt, Rosé , etc. noch immer nach der ersten Phrasierung spielen, u. doch wohl auch mit Erfolg. Also Fingersätze, ja, - nur aber die Originalphrasierung. Was die Erläuterung anbelangt, ist nur folgendes zu sagen: Wenn bei einer völlig falschen Darstellung die Ausgabe von Bülow so viele Jahrzehnte vorhielt, vorhält u. noch vorhalten wird, blos wegen der Erläuterungen, die ja auch falsch sind, wie müßte erst vorhalten eine Ausgabe, der Niemand falschen Text u. falsche Erläuterungen vorwerfen könnte?! Was hat ein solches Werk, das gleichsam über den Moden stünde, mit den Bedürfnissen der Verlage nach neuen Herbst-Auslagen zu tun? Gar nichts. Neben Bülow kamen u. giengen ja {3} so viel Mode-Bearbeiter, - er blieb, trug Geld ein u. trägt [es] noch. Güte ist ein ewiger Mode-Artikel für sich. -- Leider kam der franz. Aufsatz in eine schmutzige Hand[;] ich brauche nicht erst zu sagen, daß es auch eine reiche Hand ge[wesen,] so bitte ich um Entschuldigung wegen des Zustandes, in dem [ich] Ihnen den Aufsatz zurückzustellen genötigt bin. [illeg] bestens dankend u. herzlichst grüßend Ihr sehr ergebener [signed:] H Schenker 17. April 1918 © Transcription Ian Bent, 2009 |
Herewith 1 enclosed, I return the ridiculous Frenchman 2 with many thanks. Whereas I, aside from a few lines of Foreword and a footnote, 3 offer a comprehensive presentation of the content, he concerns himself solely with just those few lines. This is something that can happen, and does happen, in Germany, too. But the way that in many places he quotes my original and his translation, such that his readers wil not doubt his honesty, and indeed at one really important point renders "resounding box around the ears" falsely as "un soufflet légitimement appliqué", 4 is quintessentially French and confirms what I wrote, in small matters no less than in large, cf. the coarse, crude falsification of the Emperor's letter 5 recently exposed (en route from Sixtus to Poincaré). Yes, these French fellows are specialists in "freedoms"; one need only consider, in the "freedom" of falsification, in the conquests of the Rhine, in an inhumane treatment of prisoners, and other such 6 freedoms. A word about the matter of editions: you are mistaken in believing that Beethoven saw the light of day as unphrased as, e.g., J. S. Bach. His own phrasing is so precise, indeed so super-precise, that from early days up to the present day it has sufficed for all solo violinists, quartet ensembles, {2} orchestral and opera companies ( Fidelio , masses, etc.) and given everybody plenty to work with creatively. Is it not thus apparent that the few heavy-handed editors, 7 out of vanity and impertinence, sully themselves with their "window dressing," 8 which is in total contrast to Beethoven's phrase indications? At first, publishers asked for fingerings -- that is understandable --, then the heavy-handed editor threw in something else that had not been asked for, his own phrasing! This low-minded ostentation naturally forced the hand of the next arranger, and then the next, and so they vied with each other in window-dressing, while, as has been said, Rosé, etc. continue to play according to the first phrasing, what's more with great success. So fingerings, yes, but only the original phrase markings. On the subject of elucidation, let me say just the following: if with a totally false presentation, the edition of von Bülow has lasted so many decades, still lasts, and will continue to last, solely on account of its elucidations, which themselves are totally false, how long must an edition last that is irreproachable as to its musical text and its elucidations?! What has such a work that is, so to speak, above all fashion, to do with the requirements of publishers for their new autumn window displays? Nothing whatsoever. Alongside von Bülow, {2} so many modish editors came and went; he has outlived them, raked in the shekels, and is still raking them in. Benevolence is itself an eternal article of fashion. -- Unfortunately, the French article found its way into dirty hands. I hardly need say that they were wealthy hands, so I ask your forgiveness for the condition in which I am obliged to return the article to you. [illeg] with best thanks and most cordial greetings, Yours very truly, [signed:] H Schenker April 17, 1918 © Translation Ian Bent, 2009 |
Mit 1 bestem Dank stelle ich anbei den possierlichen Franzosen 2 zurück. Daß er dort, wo ich außer paar Zeilen Vorworts u. einer Fußnote 3 eine umfangreiche Darstellung des Inhaltes biete, sich nur gerade mit jenen paar Zeilen beschäftigt, kann auch in Deutschland vorkommen u. kommt auch vor. Daß er aber an manchen Stellen mein Original u. seine Ǘbersetzung anführt, damit nur die Leser an seiner Ehrlichkeit nicht zweifeln, u. doch an einer recht wichtigen Stelle „schallende Ohrfeige“ in „ un soufflet légitimement appliqué “ 4 umfälscht, ist spezifisch französisch u. bestätigt, was ich schrieb, im kleinen nicht minder, wie die soeben enthüllte grobe, plumpe Fälschung des Kaiserbriefes 5 (auf dem Wege von Sixtus zum Poincaré ) im Großen. Ja, die Herren Franzosen sind Spezialisten in „Freiheiten,“ nur sehe man: welche, - in der „Freiheit“ auf der Fälschung, der Eroberungen des Rheins einer unmenschlichen Gefangenenbehandlung u. lauter solchen 6 anderen Freiheiten mehr. Zur Frage der Ausgaben ein Wort: Sie irren sich, wenn Sie glauben, daß Beeth. so unphrasiert auf die Welt gekommen ist, wie z.B. Bach S. Seine eigene Phrasierung ist so genau, ja so übergenau, daß sie seit den ersten Tagen bis auf die heutigen noch allen Sologeigern, Quartett-, {2} Orchester-, Operngesellschaften ( Fidelio , Messen etc) ausgereicht u. Allen Köpfe u. Hände voll zu schaffen gemacht hat! Liegt es nicht also auf der Hand, daß die paar Bearbeiter 7 aus Eitelkeit u. Frechheit sich putzig machen mit ihren „Phrisierungen,“ 8 die das volle Gegenteil von Beeth'schen Phrasierungen sind? Die Verleger baten zuerst um Fingersätze - das ist verständlich -, der Bearbeiter gab dann noch als [?Zuwege], eine nicht einmal erbetene, auch seine Phrasierung! Diese niederträchtige Protzerei ließ natürlich den zweiten, dritten Bearbeiter nicht ruhen, u. so phrisieren sie um die Wette, während, wie gesagt, Rosé , etc. noch immer nach der ersten Phrasierung spielen, u. doch wohl auch mit Erfolg. Also Fingersätze, ja, - nur aber die Originalphrasierung. Was die Erläuterung anbelangt, ist nur folgendes zu sagen: Wenn bei einer völlig falschen Darstellung die Ausgabe von Bülow so viele Jahrzehnte vorhielt, vorhält u. noch vorhalten wird, blos wegen der Erläuterungen, die ja auch falsch sind, wie müßte erst vorhalten eine Ausgabe, der Niemand falschen Text u. falsche Erläuterungen vorwerfen könnte?! Was hat ein solches Werk, das gleichsam über den Moden stünde, mit den Bedürfnissen der Verlage nach neuen Herbst-Auslagen zu tun? Gar nichts. Neben Bülow kamen u. giengen ja {3} so viel Mode-Bearbeiter, - er blieb, trug Geld ein u. trägt [es] noch. Güte ist ein ewiger Mode-Artikel für sich. -- Leider kam der franz. Aufsatz in eine schmutzige Hand[;] ich brauche nicht erst zu sagen, daß es auch eine reiche Hand ge[wesen,] so bitte ich um Entschuldigung wegen des Zustandes, in dem [ich] Ihnen den Aufsatz zurückzustellen genötigt bin. [illeg] bestens dankend u. herzlichst grüßend Ihr sehr ergebener [signed:] H Schenker 17. April 1918 © Transcription Ian Bent, 2009 |
Herewith 1 enclosed, I return the ridiculous Frenchman 2 with many thanks. Whereas I, aside from a few lines of Foreword and a footnote, 3 offer a comprehensive presentation of the content, he concerns himself solely with just those few lines. This is something that can happen, and does happen, in Germany, too. But the way that in many places he quotes my original and his translation, such that his readers wil not doubt his honesty, and indeed at one really important point renders "resounding box around the ears" falsely as "un soufflet légitimement appliqué", 4 is quintessentially French and confirms what I wrote, in small matters no less than in large, cf. the coarse, crude falsification of the Emperor's letter 5 recently exposed (en route from Sixtus to Poincaré). Yes, these French fellows are specialists in "freedoms"; one need only consider, in the "freedom" of falsification, in the conquests of the Rhine, in an inhumane treatment of prisoners, and other such 6 freedoms. A word about the matter of editions: you are mistaken in believing that Beethoven saw the light of day as unphrased as, e.g., J. S. Bach. His own phrasing is so precise, indeed so super-precise, that from early days up to the present day it has sufficed for all solo violinists, quartet ensembles, {2} orchestral and opera companies ( Fidelio , masses, etc.) and given everybody plenty to work with creatively. Is it not thus apparent that the few heavy-handed editors, 7 out of vanity and impertinence, sully themselves with their "window dressing," 8 which is in total contrast to Beethoven's phrase indications? At first, publishers asked for fingerings -- that is understandable --, then the heavy-handed editor threw in something else that had not been asked for, his own phrasing! This low-minded ostentation naturally forced the hand of the next arranger, and then the next, and so they vied with each other in window-dressing, while, as has been said, Rosé, etc. continue to play according to the first phrasing, what's more with great success. So fingerings, yes, but only the original phrase markings. On the subject of elucidation, let me say just the following: if with a totally false presentation, the edition of von Bülow has lasted so many decades, still lasts, and will continue to last, solely on account of its elucidations, which themselves are totally false, how long must an edition last that is irreproachable as to its musical text and its elucidations?! What has such a work that is, so to speak, above all fashion, to do with the requirements of publishers for their new autumn window displays? Nothing whatsoever. Alongside von Bülow, {2} so many modish editors came and went; he has outlived them, raked in the shekels, and is still raking them in. Benevolence is itself an eternal article of fashion. -- Unfortunately, the French article found its way into dirty hands. I hardly need say that they were wealthy hands, so I ask your forgiveness for the condition in which I am obliged to return the article to you. [illeg] with best thanks and most cordial greetings, Yours very truly, [signed:] H Schenker April 17, 1918 © Translation Ian Bent, 2009 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded at OJ 2/10, p. 877 with a full summary. 2 See WSLB 295, March 3, and OC 52/205, April 10. 3 Of Schenker, Die letzten fünf Sonaten von Beethoven ... op. 111 (Vienna: UE, 1915). Schenker understates the case here; he engages in inflammatory polemics in the Foreword, in a long footnote on the sinking of the Lusitania (p. 80), in a still longer footnote about World War I (pp. 83-85), and in several other shorter footnotes, including an attack on Debussy (p. 69). The passage alluded to later in this paragraph occurs in paragraph 4 of the footnote on p. 80, of which his wording in this letter is a slight paraphrase: "begriff er [the Anglo-American, i.e. Woodrow Wilson] doch auch die Ohrfeige der Lusitania-Torpedierung nur deshalb, weil sie so schallend war" ("he really understood the box around the ears of the torpedoing of the Lusitania only because it was so resounding"). Further to that footnote, see William Pastille, "Aesthetic Education: On the Origins of Schenker's Musical Politics," in Essays from the Fourth International Schenker Symposium, ed. Allen Cadwallader (Hildesheim: Georg Olms, 2008), pp. 183-95, esp. 184-86. 4 "a slap in the face legitimately delivered"; quoted from the review. 5 Kaiserbrief: a letter, written by the Austrian Emperor Karl I to the Prince Ferdinand of Bourbon-Parma, seeking peace negotiations and offering certain concessions. The letter was exposed in April 1918, and published by Clemenceau, leading to the resignation of Karl's foreign minister, Ottokar Czernin. 6 "u. ... solchen" written in the line above after "Rheins," then marked to be transposed to this point. (There is clearly something wrong with this sentence.) 7 "Bearbeiter": Schenker means editors who "work on" their editions, inserting fingerings, performance instructions, phrase-markings, etc. On this, see OC 52/205 : April 10, 1918. 8 "Phrisierungen," from "frisieren": literally "hairdressing" or "hair-styling" (from French, "Friseur," hairdresser), with the implication of fakery. Schenker is deploying a play on words between "Phrisierung" and "Phrasierung," the latter an object of Schenker's strongest censure in editing practices. |